Loudness-War: Musikgeschmack und die Inflation der Lautstärken

Wie sich Musik anhört und wie sie dem entsprechend arrangiert, produziert und gemixt wird, hat sich im Laufe der Jahrzehnte immer mal wieder geändert. Bereits in der 1960er-Jahren hat man in der Soulmusik begonnen, Musik – was ihren Dynamikumfang anbelangt – soundmäßig zu verändern. Der Dynamikbereich umfasst dabei den Kontrast zwischen lautestem und leisestem Ton. Wenn man sich vergegenwärtigt, welche Musik man kennt, dann sind darunter viele Musikstücke so aufgebaut, dass unter zahlreichenen leisen und mittleren Tönen die lauten Töne als einzelne Höhepunkte herausragen. Ein herkömmliches Musikstück besteht also meist aus mehrheitlich eher moderaten Tönen und wenigen Tönen, die bis an die maximale Lautheitsgrenze gehen.

Mehr Lautheit in der populären Musik
In der zeitgemäßen Popmusik hat sich das vor allem durch die Digitalisierung der Musik verändert, weil man die Musik hier noch einfacher technisch bearbeiten kann, indem man manche Tonschwellen anhebt und andere absenkt. Ein Stück, bei dem man den Konstrast vermindert, also die lauten Töne etwas dämpft, dafür aber die leisen Töne deutlich anhebt, wirkt kraftvoller und klingt in der Wahrnehmung lauter. Das haben sich Werbe-Clips mit ihrer Stakkato-Musik zu nutze gemacht, das ist aber auch allgemein in die Musik eingedrungen. Musiker fanden es gut, weil ihre Stücke im Verhältnis zur Konkurrenz mehr Beachtung fanden – bei Plattenfirmen, die mehr verkaufen wollten, und vor allem privaten Sendern war es ähnlich.

Vorteile eines reduzierten Kontrastumfanges in der Musik
Das Thema Kontrastumfang in der Musik hat sowohl Vorteile als auch Nachteile. Stellt man sich beispielsweise vor, man hört ein Stück mit extremem Dynamikumfang, das heißt, es beinhaltet ganz leise und an anderen Stellen ganz laute Töne, dann ergibt sich z.B. während der Autofahrt oder zuhause, wenn ein Kind im Nebenraum schläft, ein Problem: Bei Musik mit ausgeprägtem Dynamikumfang würde man die leisen Stellen nur schlecht hören, wenn man die Musik etwas herunterdreht. Wenn man die Musik wieder aufdrehen würde, um die leisen Stellen gut hören zu können, würden die lauten Töne aber zu laut werden. Die Lösung dafür liegt in der Reduzierung des Dynamikumfanges. Tatsächlich wird das bei klassischen Aufnahmen auf Musik-CD oder als MP3 auch so gemacht; denn den hohen Dynamikumfang, der in einem Konzertsaal zu genießen ist, ist nicht 1:1 in eine Musikdatei umzusetzen. Der Kontrast ist abzumildern, damit man auch bei Störgeräuschen z.B. im Auto noch alle Töne hören kann. Das wäre ein Vorteil der Verringerung des Kontrastumfanges der Musik.

Nachteile des geringeren musikalischen Dynamikumfanges
Die Nachteile sind ästhetischer Natur – und auch gesundheitlicher. Musik, die so druckvoll daherkommt, das heißt, Musik, die das menschliche Ohr über Kopfhörer pausenlos mit als laut empfundener Musik konfrontiert, führt schneller zu Schwerhörigkeit. Musik, die so komprimiert wird, indem sie laut und leise annähert, erreicht das nur um den Preis der Verzerrung, des sogenannten Clippings. Der Laie hört das oft nicht, aber heutzutage sind die meisten Aufnahmen aufgrund des sogenannten Loudnesswar übersteuert und damit in ihren Spitzen verzerrt.

Mehr Spannung für das Kulturgut Musik
Die Öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehstationen haben dagegengesteuert, indem sie Musik, die zu kontrastarm und laut daherkommt, tonmäßig nach einem bestimmten Standard wieder dynamischer ausstrahlen. Per Software kann man nämlich einen Kontrastumfang wiederherstellen, der den ursprünglichen menschlichen Hörgewohnheiten mehr entgegenkommt. Das Prinzip des hohen Dynamikumfanges ist nicht nur für Audiophile und ausgesprochene Musikliebhaber wichtig, es macht das Kulturgut Musik auch wieder spannender und musikalisch differenzierter.

Gottlob+Ostendorf: Weniger Dynamikkompression ist mehr
Gottlob+Ostendorf bemühen sich als DJs und Soundscouts für verschiedendste Musikprojekte, hochklassige auch soundtechnisch qualitativ hochwertige Musik zu kuratieren. Ein großer Dynamikumfang wie man ihn in Konzerthallen bei klassischer Musik als selbstverständlich empfindet und genießt, ist für uns modellhaft das Maß der Dinge, weil hier die verzerrende und kompressionsbedingte Übersteuerung ausgeschlossen ist und die Musik natürlich wirkt. Auch wenn in ihrem Dynamikumfang reduzierte Musik beim ersten Hören gut und zugänglich klingt, leidet langfristig die Musikqualität – von gesundheitlichen Auswirkungen gar nicht zu reden. Klangqualität ist für uns zum einen die technisch adäquate Wiedergabe der vom Künstler angestrebten Musik, zum anderen die Ausgewogenheit eines Dynamikumfanges, der Platz läßt sowohl für laute als auch für leise Töne.

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